Kunst am Schloss

An verschiedenen Stellen im und ums Saarbrücker Schloss lässt sich eine Vielzahl spannender Kunstwerke entdecken. Hierzu zählen sowohl historische Werke, die uns viel über die Kunst, Architektur und Vorstellungen ihrer Entstehungszeit verraten, als auch moderne künstlerische Reflexionen der Gegenwart. Bei allen Kunstwerken handelt es sich um bedeutsame Zeugen ihrer jeweiligen Entstehungszeit.

Maneant in vobis
fides, spes, caritas, tria haec:
maior autem horum est caritas.

So bleiben in euch
Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei:
am größten aber von diesen ist die Liebe.

1. Korinther, 13

Der ursprüngliche Bauherr des Saarbrücker Schlosses, Wilhelm Heinrich, Fürst zu Nassau und Graf zu Saarbrücken, gab 1761 den Bau einer lutherischen Kirche in seiner Residenzstadt Saarbrücken in Auftrag. Auch bei diesem außergewöhnlichen und monumentalen Bauvorhaben war sein Baumeister der Architekt Friedrich Joachim Stengel, der unzählige Handwerker für das Bauwerk engagierte. Grundsteinlegung des Gesamtkunstwerkes, inklusive einer Platzgestaltung im Sinne eines „barocken place royale“, war der 21. Oktober 1761. Nach dem Tode von Wilhelm Heinrich übernahm sein Sohn Ludwig die Regierungsgeschäfte sowie die Fertigstellung des imposanten Kirchenbaus. Dieser trug fortan den Namen Ludwigskirche. Am 25. August 1775 wurde die Ludwigskirche im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes eingeweiht, zu dem eigens eine Kantate komponiert wurde. Das Bauwerk hat sich durch die Wirren der Zeiten in die Gegenwart hinübergerettet und hat auch trotz der Kriegszerstörungen nur wenig von seiner künstlerischen und religiösen Strahlkraft eingebüßt. Im Zusammenspiel mit dem Saarbrücker Schloss zählt die Ludwigskirche zu den Wahrzeichen der Stadt und genießt überregionale Beachtung.

Die Steinbalustrade (Attika) der Ludwigskirche galt schon in der Entstehungszeit als „Schaubühne“ des Ortes, die eine ganz besondere Wirkkraft erzeugen sollte. Auf dieser Schaubühne versammelte sich sprichwörtlich die geistige Haltung und Botschaft der Kirche und der damaligen Gesellschaft. Durch einen Zyklus von 28 Figuren wurden diese künstlerisch zum Ausdruck gebracht. Dieser barocke Figurenzyklus wird dem Wiener Bildhauer Franziskus Binck zugeschrieben. In Erscheinung treten – bis heute – Apostel, Propheten, biblische Figuren sowie Allegorien von Tugenden wie Glaube, Liebe, Hoffnung, Klugheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit.

Die barocken Skulpturen von Franziskus Binck wurden jedoch durch Umwelteinflüsse und die Auswirkungen der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts so schwer beschädigt, dass die Hälfte von ihnen Anfang des 20. Jahrhunderts von der Balustrade abgenommen wurde, um auf Grundlage ihrer ursprünglichen Erscheinung Kopien anzufertigen. Die Bombennacht vom 5./6.Oktober 1944 führte wiederum zu gravierenden Zerstörungen.

Von den 1906 abgenommenen Figuren haben sich einige der Originale aus dem Jahre 1775 bis in die Gegenwart erhalten. Drei Skulpturen erhielten im Zusammenhang mit der Sanierung des Saarbrücker Schlosses eine neue Wirkungsstätte inklusive einer Sichtverbindung zur Ludwigskirche. Es handelt sich um den leider nur fragmentarisch erhaltenen Apostel Paulus, der nun in dem von Gottfried Böhm gestalteten Brunnenhaus vor dem Saarbrücker Schloss zu bestaunen ist. Das Brunnenhaus wiederum ist den ehemaligen Wachhäuschen vor dem Saarbrücker Schloss zu Zeiten Fürs Ludwigs nachempfunden.

Im Foyer des Mittelrisalits des Saarbrücker Schlosses entfalten die beiden Steinskulpturen (Allegorien) Glaube (lat. Fides) und Hoffnung (lat. Spes) ihre Wirkung in einem neuen Kontext.

Fides, Spes und Caritas werden normalerweise immer in einem „Dreiklang“ dargestellt. Es handelt sich um drei Jungfrauen, die der Überlieferung zufolge zur Zeit Kaiser Hadrians (117–138) das Martyrium erlitten. Sie werden gemeinsam mit ihrer Mutter Sophia als Heilige verehrt. Ihre Namen sind nach römischem Vorbild Personifikationen der Tugenden und verweisen auf das Hohelied der Liebe (1. Korinther, 13).

FIDES [Glaube] und SPES [Hoffnung] in ihrer Vollständigkeit mit ihren Attributen Kreuz und Hoffnungsanker auf der Balusdrade der Ludwigskirche.

Die beiden Skulpturen im Saarbrücker Schloss können noch anhand der überbliebenen Fragmente ihrer Symbole (Attribute) ihrem Auftrag zugeordnet werden. Fides wurde ursprünglich mit Kelch und Kreuz als Glaubenssymbole dargestellt, Spes mit einem Hoffnungsanker. Die Liebe (lat. Caritas) wurde als weibliche Figur mit Kindern als Symbol der Nächstenliebe abgebildet, ist aber leider im Original aus dem 18. Jh. nicht mehr erhalten.

Fides, Spes und Caritas sind jedoch noch als Kopien an ihrer ursprünglichen Wirkungsstätte auf der Ludwigskirche neben anderen Tugenden zu entdecken.

An der Ecke der Nordseite sind auf der Balustrade die Symbolfiguren oder Allegorien der christlichen Haupttugenden Hoffnung und Barmherzigkeit zu bestaunen.

An der Ecke der Südfassade wirken die Figuren Glaube (links) und Liebe (rechts).

Die Liebe (lat. Caritas) in der Darstellung auf der Balustrade der Ludwigskirche als weibliche Figur mit Kindern als Symbol der Nächstenliebe.

Raum Ort Zeit

Die künstlerische Wirkkraft in der Gegenwart

Die gegenwartsbezogene künstlerische Darstellung des Themas basiert auf einem Bild (Malerei, Acryl/Kohle), das den Fluss der Zeit und die Vergänglichkeit des menschlichen Daseins, zugleich aber auch die zukunftsorientierte Kraft der Kunst symbolisiert.

Auf diese Malerei wurden Fotografien der Skulpturen und ein Lageplan (Schwarzplan) von Alt-Saarbrücken – mit der Sichtachse (rote Punktlinie) vom Saarbrücker Schloss zur Ludwigskirche – gelegt. Als Triptychon erinnert die Collage an die zeitübergreifende Aktualität der Tugenden Glaube, Liebe und Hoffnung in der gegenwärtigen Lage der Welt.

Idee/Konzeption/Text/Malerei/Fotos: Peter Michael Lupp, 2024

Grafische Bearbeitung: Elke Birkelbach

Zu dieser Installation gibt es einen fast 500 Jahre alten Text, der dieses Thema wunderbar umschreibt. Er stammt aus der Lutherbibel.

Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, sodass ich Berge versetzen könnte, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und meinen Leib dahingäbe, mich zu rühmen, und hätte der Liebe nicht, so wäre mir's nichts nütze.

Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf,
sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu,
sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit;
sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.

Die Liebe höret nimmer auf, wo doch das prophetische Reden aufhören wird und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird. Denn unser Wissen ist Stückwerk und unser prophetisches Reden ist Stückwerk. Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören.

Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich war. Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunklen Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin.

Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.

Weithin sichtbar ziert ein ca. zwei Meter hohes und drei Meter breites Wandbild aus den 1950er Jahren die Giebelwand des VHS-Zentrums am Schlossplatz. Es handelt sich um ein sogenanntes Sgrafitto, ein Begriff, der sich vom italienischen Verb sgraffiare oder graffiare, zu Deutsch – kratzen –, ableitet. Bei dieser historischen Dekorationstechnik, die zur Bearbeitung von Wandflächen genutzt wird, werden zunächst verschiedenfarbige Putzschichten aufgetragen. Anschließend werden Teile der oberen Putzschicht abgekratzt und Teile der darunterliegenden Putzschicht freigelegt, sodass durch den Farbkontrast ein Bild erzeugt wird. In der Formensprache der 1950er Jahre hat Rudolf Kaster einen auffliegenden Vogel – einen „Phönix“ – dargestellt, der sich aus den Flammen erhebt, um an das nach dem Krieg in Schutt und Asche liegende Saarbrücken und die folgende Aufbruchsstimmung der Nachkriegszeit zu erinnern.

1997 wurde der saarländische Bildhauer Oswald Hiery (1937–2016) beauftragt, die drei Schlusssteine der rechts vom Mittelrisalit gelegenen Fensterstürze im Erdgeschoss künstlerisch zu gestalten. Hiery schuf drei Reliefs, die den drei Architekten Hommage zollen, die in den vergangenen Jahrhunderten in besonderem Maße am (Um-)Bau des Saarbrücker Schlosses beteiligt waren.

So verweist das linke Bildnis auf den ursprünglichen Erbauer des barocken Schlosses, Friedrich Joachim Stengel. Es zeigt ihn umgeben von zwei Papier- bzw. Aktenstapeln und mit dem Kreidestift in der Hand. Über seiner Büste lässt sich die historische Burganlage erkennen, die gut erhalten unterhalb des heutigen Schlossbaus liegt und im Historischen Museum bewundert werden kann.

Das rechte Relief zeigt Johann Adam Knipper den Jüngeren. Nach der teilweisen Zerstörung des Schlosses im Rahmen der Französischen Revolution wurde der Baumeister 1810 mit dem Umbau des Gebäudes zu einer Wohnanlage für wohlhabende Bürger*innen im klassizistischem Stil betraut. Oberhalb seiner Darstellung ist eine in Flammen stehende Ruine abgebildet, die auf den Schlossbrand von 1793 verweist, in dessen Folge der Nordflügel stark zerstört worden war.

Das mittlere Relief ist Hugo Dihm gewidmet. Der Architekt errichtete 1872 im Auftrag des Industriellen Karl Ferdinand Stumm einen neuen Mittelbau im Stil der Neorenaissance. Da von ihm kein Porträt überliefert ist, dienen die Insignien Winkel und Zirkel symbolisch als Verweis auf den Baumeister. Unter ihnen befinden sich, aus dem Bildnis „herausfallend“ Münzen sowie aufgerollte Pläne. Eine blühende Sonnenblume, die als Symbol des Lichts gilt, bildet nach oben hin den Abschluss der Darstellung.

Diese Gestaltung der Schlusssteine verweist auf den historischen Ursprung des Schlosses, indem sie die in der Barockzeit beliebte Tradition, Schlusssteine von Fensterbögen als ornamentale Reliefs darzustellen (sog. Agraffen) aufgreift.

Im Flur des Erdgeschosses des Saarbrücker Schlosses befinden sich parallel auf der linken und rechten Seite des Mittelbaus zwei Statuen der mythologischen Gottheiten Justitia (links) und Merkur (rechts). Die weißen Statuen im römischen Stil befanden sich ursprünglich im ehemaligen Kreisständehaus, dem heutigen Museum für Vor- und Frühgeschichte am Schlossplatz.

Im Kleinen Saal des Saarbrücker Schlosses, in dem regelmäßig Tagungen und Konferenzen stattfinden, werden auch zwei Bildwerke des saarländischen Künstlers Armin Rohr ausgestellt.

Der Künstler über seine Kunst…

„Für mich sind meine Bilder voller Dynamik & Bewegung; ich versuche sie offen zu halten, der Betrachter kann die Möglichkeit wahrnehmen, weiter zu malen, zumindest im Kopf. Dadurch entsteht ein Teil der Bewegung in Bildern.
Ähnlich wie in einem guten Kinofilm, dessen Ausgang offen ist (abgesehen davon, dass sich im Film die Bilder bewegen). Der Film, der uns nach dem Kinobesuch noch beschäftigt, also in Bewegung hält, weil die Spannung einfach noch da ist. Im Kopf wird der Film weitergedreht, man will ihn zu einem Ende bringen.
Das Bild wird Teil des Raumes, Teil der Realität & Teil der Zeit in der wir uns bewegen - mit dem Betrachten des gemalten Bildes, mit dem Beginn der Wahrnehmung des Bildes entsteht der Moment, sein Moment - und das macht für mein Verständnis ein Teil seiner Zeitlosigkeit aus.
Wir können uns fragen: Was geht da jetzt gerade vor? Während das Foto in aller Regel auf einen Vorgang in der Vergangenheit hinweist, hat das gemalte Bild keine Vergangenheit in diesem Sinn … es ist einfach jetzt da. Die Farben waren ja vorher in der Tube. Trotzdem erzählt das Bild eine Geschichte & hat möglicherweise eine Vergangenheit. Es zeigt ja einen Vorgang, einen Prozess, der ja nicht bei Null angefangen hat.“


…und zur Entstehung der beiden Werke für das Saarbrücker Schloss

„Eigentlich mag ich keine Hierarchien. Unser Leben, Unsere Gesellschaft, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft - alles wird bestimmt von Hierarchien und baut auf Hierarchien. Hierarchische Ordnungen bilden Grundlagen für Wertmaßstäbe. Möglicherweise ist das auch wichtig für unser Überleben. Wir müssen selektieren, Prioritäten setzen und brauchen Maßstäbe. In meinen Bildern gibt es keine Hierarchien - oder sollte es keine geben. Jede Farbe, jede Struktur hat ihren eigenen Raum, ihre eigene Zeit und erfüllt ihre eigene, ihr gemäße Funktion im Bild. Im Zusammenspiel entfalten sie ihre Kraft und ihre Wirkung. Herausgelöst aus ihrem bildnerischen Zusammenhang wären sie wahrscheinlich nichts - oder alles - vor allem aber unverbindlich. Im Gemälde, in der Zeichnung darf alles sein. Möglicherweise funktioniert hier die Anarchie als positive Utopie…

…„Um die Jahrtausendwende  beschäftigt mit dem Auflösen von Formen. Konkrete Körperlichkeit & Figürlichkeit faserte aus, sowohl an den Grenzen als auch in den Binnenräumen. Körper & Raum flossen zusammen. Zu sehen waren Fragmente von Figuren, Körpern. Chiffren oder Reste, Erinnerungen. Die Bilder zeigten Beobachtung einer Auflösung- oder auch das Gegenteil: Vielleicht beobachtete ich ja, wie sich gerade etwas formte - aus diesem „Urschlamm“ der Farbe. Der Ausgang: ungewiss.“

Der Architekt Gottfried Böhm, der in den 1980er Jahren mit der Neugestaltung des Saarbrücker Schlosses betraut war und in diesem Rahmen auch den gläsernen Mittelrisalit schuf, gestaltete auch das komplexe Deckengemälde im Festsaal im 3. Obergeschoss. In diesem Saal finden regelmäßig Tagungen, Veranstaltungen und Feierlichkeiten statt. Böhms Deckengemälde zeichnet sich durch eine Vielzahl bemerkenswerter Details aus.