Sternenweg/Chemin des étoiles

Ein europäisches Modellprojekt zur behutsamen Inwertsetzung der Wege der Jakobspilger in Teilen des Saarlandes, von Rheinland-Pfalz sowie Lothringens und des Elsass.

Die Idee „Sternenweg/Chemin des étoiles“ möchte den Zauber des achtsamen Gehens entfachen. Dabei soll daran erinnert werden, dass Pilgern zu den Ursprüngen des Reisens gehört und seit Anbeginn auch immer die Gelegenheit zur Selbsterfahrung und Reflexion über die eigenen Wertvorstellungen bietet.

Die Wegezeichen laden zur Spurensuche entlang der wiederentdeckten alten Wegerouten ein. Wer beidem nachspürt lässt sich treiben, genießt unerwartete Begegnungen, ist bereit auch abseits zu gehen und sich Zeit zu lassen. Mit der Zeit beginnen die Augen die kleinen und großen Zeugnisse des kulturellen Erbes des Mittelalters, die Botschaften der vorbeiziehenden Kulturlandschaften, der versunkenen Wege und nicht zuletzt eine Essenz des europäischen Gedankens zu lesen: Miteinander aufeinander zugehen, auf dem Weg zu einem großen Ziel.

Schließlich steht das europäische Modellprojekt auch für einen Prozess, der symbolisch Wege aufzeigen möchte, wie sich mit sozialem und bürgerschaftlichem Engagement – selbst mit niedrigem Budget – ein stimmiges, großregionales Netzwerk für einen naturnahen, nachhaltigen und spirituellen Tourismus im Herzen Europas aufbauen lässt.

Mystisch, zauberhaft, einzigartig – seit mehr als 1000 Jahren leiten die Sterne der Milchstraße Pilger und Reisende aus aller Welt zur Grabesstätte des Apostels Jakobus in Santiago de Compostela. Der Titel des Projektes nimmt symbolisch Bezug auf diesen „Sternenweg“. Millionen von Pilgern haben ein Wegenetz quer durch das heutige Europa zum damaligen „Ende der Welt“ an der Atlantikküste im spanischen Galicien gezogen.

Im Jahre 1987 hat der Europarat diese Wege der Jakobspilger nach Santiago de Compostela zur Europäischen Kulturstraße erklärt, da sie einen geschichtlichen, künstlerischen und sozialen Bezug zu den Wurzeln Europas herstellen. Vor diesem Hintergrund hat er die Regionen aufgefordert, die historischen Wegeachsen, die bis heute in ganz Europa wiederentdeckt werden, auf regionaler Ebene in Wert zu setzen und mit den europäischen Werten der Gegenwart in Verbindung zu bringen. Mit dieser Intention hat der Regionalverband Saarbrücken das grenzüberschreitende europäische Modellprojekt „Sternenweg/Chemin des étoiles“ 2006 ins Leben gerufen.

Die Region Saarbrücken war bereits zu jener Zeit ein Drehkreuz von Wegen in Richtung Metz. In einer ersten Projektphase wurde die Idee auf den wiederentdeckten Wegen der Jakobspilger vom ehemaligen Benediktinerkloster Hornbach nach Saarbrücken umgesetzt. Grenzüberschreitend wurden die benachbarten französischen Städte Sarreguemines und Forbach integriert. Dieser Teil des Projektraumes bildet als Knotenpunkt die Kernzone des Projektes.

In der Folge wurde der Projektraum sukzessive im Sinne des europäischen Netzwerkgedankens in einem großregionalen Kontext weiterentwickelt. Zum Projektraum gehören mittlerweile die Wegerouten der Jakobspilger, die aus Richtung Speyer, Worms oder Mainz über Hornbach bzw. St. Wendel die Region Saarbrücken bzw. Sarreguemines in Richtung Metz kreuzen. Zudem wurde ab Bad Bergzabern eine Achse der elsässischen Wege der Jakobspilger über Wissembourg, Strasbourg und dem Mont Sainte-Odile bis nach Thann in das Projekt integriert.

Dieses großregionale „Netzwerk“ fügt sich aus bislang 14 verschiedenen Wegerouten, mit ca. 1.200 Wegekilometern zusammen. Mehr als 300 erfasste Bezugspunkte flankieren diese Routen und setzen [Wege]Zeichen!

Im Zentrum der Idee stehen Wegezeichen – kleine Gesten – mit denen die regionalen Wege der Jakobspilger in den benachbarten alten Kulturlandschaften in den letzten Jahren behutsam geschmückt wurden: Jakobsmuschelsteine, Wegeornamente aus Feldsteinen und in Stein gehauene Sternensymbole.

Diese Wegezeichen verweisen im Projektraum auf Besonderheiten, die mit den historischen Wegeachsen und der Baukultur jener großen Zeit der Jakobspilgerschaft – dem Mittelalter – in Verbindung stehen. Wer sie entdeckt ist eingeladen, Brücken zwischen Raum und Zeit zu bauen. Vor Ort bei den Einheimischen schaffen sie Bewusstsein für das regionale kulturelle Erbe und das großregionale Netzwerk, in dem sie eingebunden sind. Symbolisch nehmen diese „Bodenarbeiten“ auf verschiedene Themen Bezug.

Das signifikanteste Wegezeichen auf den Wegerouten des gesamten Projektraumes bildet das Kennzeichen und Symbol für alle Pilger zum Grab des heiligen Jakobus, die Jakobsmuschel. Die Jakobsmuschelsteine sind Abgüsse von galicischen Jakobsmuscheln.

Sie werden seit 2006 unter der Schirmherrschaft des Regionalverbandes Saarbrücken im Rahmen von Qualifizierungsmaßnahmen von Jugendlichen des Zentrums für Bildung und Beruf Saar in Saarbrücken-Burbach Stück für Stück von Hand gefertigt. Die steinernen Jakobsmuscheln werden als Wegezeichen an den erfassten Zeugnissen der mittelalterlichen Baukultur am Wegesrand und in der näheren Umgebung (bis ca. 10 km abseits vom offiziell markierten Weg) bündig in den Boden eingelassen.

Über 300 Zeugnisse der mittelalterlichen Baukultur wurden entlang der Wegerouten im Projektraum geografisch und kunsthistorisch erfasst. Symbolisch bilden diese verbliebenen Zeugnisse des Mittelalters eine „Sternenspur“ jener Pilger, die bereits im Mittelalter in dieser alten Kulturlandschaft ihre Wege gesucht haben. Viele dieser Positionen wurden bereits mit einer steinernen Jakobsmuschel aus Saarbrücken und einem Hinweisschild gekennzeichnet. Dieser Prozess wird sich in den nächsten Jahren fortsetzen. Alle Positionen lassen sich mit Bild und einer zweisprachigen Kurzbeschreibung in einer interaktiven Karte der zugehörigen Internetseite www.sternenweg.net aufrufen.

Von Hornbach bis zur lothringischen Grenze in Saarbrücken bzw. Sarreguemines (Kernzone des Projektes) gibt es neben diesen „Jakobsmuschelsteinen“ noch weitere Wegezeichen. Es handelt sich um Wegornamente aus Feldsteinen und in Stein gehauene Sternensymbole, die auf den Wegen der Jakobspilger verlegt wurden. Die Sternenmotive spielen einerseits auf das Unterwegsseins unter der Milchstraße an, anderseits verweisen sie auch auf mittelalterliche Sternenmotive, die man in der unmittelbaren Umgebung entdecken kann. 

Die Wegeornamente erinnern an die alten Wegebefestigungen, die hier überwiegend als Wegestickungen aus Muschelkalksteinen gefertigt wurden. Pyramiden oder Kegel aus Feldsteinen am Wegesrand deuten zudem auf die Steineindeckungen der Kirchtürme, die im Mittelalter hier üblich waren.

In einer sich stets beschleunigenden Welt möchten seit 2016 entlang des Sternenweges auch poetische Bilder und Gedanken zum Vertiefen und Weiterdenken einladen. Diese „DenkBilder“, auf die man gelegentlich an den mittelalterlichen Kulturorten am Wegesrand stößt, bilden eine weitere Ebene des Projektes. So wie es sich fügt, erhalten künftig weitere Bauwerke, die mit einem Jakobsmuschelstein geschmückt wurden, ein solches „DenkBild“, um den Menschen ein Angebot zur (Selbst-)Reflexion beim Unterwegssein zu bieten. Sie entstehen jeweils aus dem besonderen Geist des Ortes und spüren in künstlerisch-poetischer Art und Weise der Lebenskunst für Mensch und Schöpfung nach: Was bedeutet das gute Leben im Europa der Gegenwart? Welch Geistes Kind bin ich?

Ein von Millionen von Füßen getretenes Wegenetz überspannt das heutige Europa und spiegelt symbolisch den Austausch und die freundschaftliche Begegnung der Kulturen. 2017 feiert der Europarat das 30jährige Jubiläum der Anerkennung des Wegenetzes der Jakobspilger als Europäische Kulturstraße. Der Regionalverband Saarbrücken feiert dieses Jubiläum mit dem Label „Friedenspilger“ und dessen Botschaft „… ich pilgere für ein weltoffenes Europa und den Frieden“ aus der Wiege gehoben.

Die aktuellen Diskussionen über den Fortbestand Europas verdeutlichen den Wunsch nach einer Zukunftsvision: Eine lebendige und weltoffene Zivilgesellschaft. Ein Europa der Toleranz, der Humanität, der Freiheit, der Demokratie, der freundschaftlichen Begegnung der Kulturen und des Friedens. Die Menschen auf dem „Sternenweg/Chemin des étoiles“ sind eingeladen, den europäischen Geist auf den Spuren der mittelalterlichen Jakobspilger, alleine oder gemeinsam, unter den Sternen Europas zu verbreiten! 

Viele der erfassten mittelalterlichen Kulturdenkmäler am Wegesrand sind neben der steinernen Jakobsmuschel auch mit einem zugehörigen Informationsschild ausgestattet. Mittlerweile gibt es auch einige Pilgerstationen am „Sternenweg“, die je nach Ausstattung Beherbergung, Verköstigungen, aber immer einen Pilgerstempel und Informationen zu dem europäischen Modellprojekt bereitstellen.

Die Initiative des Regionalverbandes Saarbrücken folgt einem gemeinnützigen Auftrag und wurde in der ersten Projektphase bis 2010 im Rahmen von Qualifizierungsmaßnahmen für arbeitssuchende Menschen in Kooperation mit dem Saarpfalz-Kreis und der Jakobusgesellschaft Rheinland-Pfalz-Saarland e.V. umgesetzt. Sukzessive hat sich die Idee weiterentwickelt und durfte sich im Saarland und in unseren europäischen Nachbarregionen auf die wertvolle und engagierte Mitarbeit von Landkreisen, Städten und Kommunen, Landeskirchen, Kirchengemeinden und Klöstern, Museen, Archiven und der Ortsbevölkerung sowie der direkt beteiligten Jakobusgesellschaften (Rheinland-Pfalz, Saarland, Lothringen, Elsass) und vielen touristischen Leistungsträgern im gesamten Betrachtungsraum stützen. Der Europarat unterstützt das Projekt durch das Institut für Europäische Kulturstraßen in Luxemburg. Die Idee und die Konzeption wurde von dem Kulturreferenten des Regionalverbandes Saarbrücken, Peter Michael Lupp, entwickelt. Er koordiniert und leitet das Projekt.